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30Jän

Langeweile als kreative Quelle – Ein Perspektivwechsel

Langeweile – ein Zustand, den viele Menschen mit Widerwillen vermeiden. Wir leben in einer Zeit ständiger Ablenkung – sei es durch Smartphones, soziale Medien oder die permanente Verfügbarkeit von Unterhaltung. Doch ist Langeweile wirklich so schlecht, wie wir sie oft darstellen? Was wäre, wenn sie uns nicht nur unproduktiv, sondern im Gegenteil auch kreativ machen könnte?

Erinnerungen an meine Kindheit kommen mir in den Sinn. Oft verbrachte ich Zeit bei meinen Großeltern im Waldviertel, weit weg von der hektischen Welt. Inmitten der Natur, mit einem kleinen See vor der Haustür und kaum Straßenverkehr, schien es ein Paradies zu sein. Dennoch überkam mich manchmal Langeweile. Als Kind empfand ich sie als unangenehm und unerträglich. Doch meine Großmutter beobachtete mich mit einem Lächeln und sagte: „Langeweile ist die Mutter der Kreativität.“ Sie ließ mich gewähren, bis ich schließlich etwas fand, womit ich meine Zeit vertreiben konnte. So lernte ich, dass Langeweile nicht nur ein leerer Zustand ist, sondern eine Einladung zur Kreativität – eine ungenutzte Möglichkeit, die nur darauf wartet, entdeckt zu werden.

Die Wissenschaft bestätigt diese Annahme. Studien zeigen, dass Langeweile und Kreativität eng miteinander verknüpft sind. Eine Untersuchung ergab, dass Menschen, die sich ohne Ablenkung mit sich selbst beschäftigen mussten, oft kreativer waren als diejenigen, die mit anspruchsvollen Aufgaben beschäftigt waren. Die Teilnehmer der „Langeweile-Gruppe“ entwickelten deutlich mehr kreative Ideen als jene, die mit einer intensiven kognitiven Tätigkeit abgelenkt wurden. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass kreative Einfälle nicht immer erzwungen werden können – sie entstehen oft dann, wenn unser Geist die Freiheit hat, umherzuwandern.

Ein bemerkenswertes Experiment verdeutlicht dies: Teilnehmer mussten sich in einem leeren Raum mit nichts außer ihren eigenen Gedanken beschäftigen. Ihnen wurde die Möglichkeit gegeben, durch Drücken eines Knopfes einen leichten Stromschlag zu erhalten – eine Handlung, die eigentlich als unangenehm empfunden wird. Überraschenderweise drückten 60 % der Männer und 20 % der Frauen diesen Knopf, um der Langeweile zu entkommen. Dieses Ergebnis wirft eine interessante Frage auf: Warum fürchten wir Langeweile so sehr? Und was sind wir bereit zu opfern, nur um sie zu vermeiden? Vielleicht ist es an der Zeit, Langeweile nicht als Bedrohung, sondern als wertvolle Gelegenheit zu betrachten.

Auch im kreativen Schaffen zeigt sich der Wert der Langeweile. Viele Erfinder und erfolgreiche Unternehmer berichten, dass ihre besten Ideen nicht während intensiver Arbeit, sondern in Momenten der Entspannung entstanden – unter der Dusche, beim Spaziergang oder in ruhigen Phasen des Tages. Diese vermeintlich unproduktiven Augenblicke schaffen Freiräume, in denen das Gehirn unerwartete Verbindungen knüpfen kann, die im hektischen Alltag verborgen bleiben.

In der Fotografie spielt Langeweile ebenfalls eine Rolle. Als Fotograf bedeutet es, sich Zeit für ein Motiv zu nehmen, es aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und nicht sofort zum nächsten Bild zu springen. Wer länger verweilt, entdeckt oft neue Perspektiven und kreative Möglichkeiten. Nicht die Hast, sondern die bewusste Auseinandersetzung mit dem Motiv führt zu durchdachteren und ausdrucksstärkeren Bildern.

Vielleicht sollten wir Langeweile nicht als etwas Negatives betrachten. Stattdessen können wir sie als kreative Auszeit verstehen, die uns neue Ideen und Perspektiven eröffnet. Beim nächsten Mal, wenn Langeweile aufkommt, sollten wir uns nicht sofort nach Ablenkung sehnen – sondern ihr Raum geben. Wer weiß, vielleicht entsteht gerade in diesem Moment die nächste große Idee.

20Okt

Die Kunst des Fotografierens: Warum Nicht jedes Bild ein Meisterwerk sein muss

Manchmal ist es die Suche, die den wahren Wert einer Fotografie ausmacht. An einem späten Nachmittag im Wald begab ich mich auf eine kleine Entdeckungsreise, mit der Hoffnung, ein paar gelungene Bilder von einem ungewöhnlichen Naturphänomen zu machen: Steinmännchen, die von anderen Spaziergängern am Ufer eines kleinen Flüsschens aufgebaut wurden. Diese kleinen „Steindörfer“ hatten mich schon bei einem früheren Lauf fasziniert, und ich wollte sie im goldenen Licht des Sonnenuntergangs einfangen. Aber wie so oft im Leben, läuft nicht immer alles nach Plan.

Als ich das Flüsschen fand, hatte ich schon das Gefühl, dass ich gegen die Zeit kämpfte. Die Sonne stand tief und der Tag neigte sich dem Ende zu. Doch die wahre Enttäuschung kam erst, als ich die Stelle erreichte, an der die Steinmännchen stehen sollten – sie waren verschwunden. Keine Steinmännchen, kein Bild.

Doch anstatt enttäuscht aufzugeben, beschloss ich, das Beste aus der Situation zu machen. Ich baute meine eigenen Steinmännchen und versuchte, ein paar Fotos zu schießen. Das Licht war nicht perfekt, die Sonne hatte bereits ihren letzten Wink gegeben, aber es gab dennoch etwas Magisches in diesem Moment. Ein paar einfache Steinchen, sorgfältig aufeinandergestapelt, und ich hatte ein kleines Stück Natur in meiner Kamera eingefangen.

Doch warum war dieser Moment so besonders? Weil es beim Fotografieren nicht nur um das Ergebnis geht. Es geht darum, Zeit mit sich selbst zu verbringen, die Natur zu erleben und in einem Moment der Ruhe und Konzentration auf das zu achten, was um einen herum passiert. Natürlich hätte ich mir gewünscht, die Steinmännchen im goldenen Sonnenuntergang zu fotografieren, aber der wahre Wert lag nicht in einem perfekten Bild, sondern in der Erfahrung, die ich dabei machte. Denn Fotografieren ist mehr als nur ein Foto zu machen – es ist eine Reise.

Nicht jedes Bild, das man schießt, wird ein Meisterwerk. Aber jedes Bild ist ein Schritt, eine Übung, ein Versuch, die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen. In der Fotografie gibt es keine Garantie für den perfekten Moment, aber es gibt immer die Möglichkeit, etwas aus dem Unvorhergesehenen zu lernen.

Am Ende des Tages ging ich nach Hause, mit ein paar Fotos, die vielleicht keine „Keeper“ waren, aber mit einer Erfahrung, die mehr wert war als jedes perfekte Bild. Und wer weiß, vielleicht werde ich in ein paar Monaten wieder an diesem Platz stehen und das kleine Steinmännchen-Dorf wird wieder aufgebaut sein – ein weiterer Moment, der es wert ist, eingefangen zu werden.

Fotografie bedeutet, die Schönheit im Unvollkommenen zu finden und Zeit mit sich selbst in der Natur zu verbringen. Und das ist mehr wert als jedes perfekte Bild.

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte – aber bitte nicht ohne Erlaubnis. Kontaktieren Sie mich gerne für Nutzungsrechte!